ORIENTAL DANCE ART

TanzOase Ulm
Havva - E. Seybert

 

Sinnvoll oder überflüssig?


Fortbildungen für Lehrerinnen des Orientalischen Tanzes
von Havva, Erstveröffentlichung in Tanz Oriental im August 2003

 

Der Tänzerberuf bedeutet lebenslanges Lernen. Mehr noch als in vielen anderen Berufen muß sich eine Tänzerin und Tanzlehrerin stets um Erweiterung und Verbesserung ihres tänzerischen Könnens und ihres tanzpädagogischen Know-Hows bemühen. Stillstand bedeutet in diesem Beruf nicht einfach einen Entwicklungsstopp, sondern sogar einen Rückschritt.

Vielerorts werden daher seit mehr als 10 Jahren immer öfter sogenannte "Intensiv-Workshops", zeitlich länger angelegte "Projekte" zu bestimmten Themen, ein- bis zweijähirge Fortbildungen oder sogar "Ausbildungen" angeboten.

Von den Teilnehmerinnen zumeist als (zwar recht arbeitsintensive) Bereicherung empfunden, gibt es dennoch Stimmen, die insbesondere die sogenannten "Ausbildungen" sehr skeptisch betrachten, völlig ablehnen oder als überflüssig erachten. Vorzugsweise entzündet sich die Diskussion auch immer wieder an den dafür ausgestellten Papieren: Diplomen oder Zertifikaten.

Das Bewußtsein über die Verantwortung beim Unterrichten ist gestiegen. Der Trend geht eindeutig dahin, "solides Basiswissen" zu erwerben, Kenntnislücken zu füllen und allgemein einen guten Unterricht bieten zu können. Viele halten seriöse Weiterbildungsangebote für notwendig, WENN bestimmte Vorbedingungen erfüllt werden.
Genau dieses WENN soll nun unser Thema sein.

Doch lassen wir zuerst die Skeptiker zu Wort kommen. Häufige Einwände sind zum Beispiel: "Ich kann mit oder ohne Ausbildung gut oder schlecht tanzen" - "Der orientalische Tanz ist ein freier Tanzstil, da sollte jeder kreativ sein können. Eine Vereinheitlichung schadet der Vielfalt" - "Jede Lehrerin hat ihren eigenen Tanzstil. Wer legt die Maßstäbe fest, was eine Lehrerin können muß?" - "Wo bleibt die Individualität, damit man sich beim Tanzen frei entfalten kann, wenn alle Lehrerinnen gleich unterrichten müssen?"

Diese Argumente spiegeln zum einen die Ängste von Tänzerinnen wider, dass man ihnen etwas nehmen könnte, statt dass sie etwas hinzugewinnen würden. Zum anderen basieren sie auf einigen fundamentalen Mißverständnissen, wozu vielleicht auch einige Anbieter durch unklare Ausschreibung bzw. Nennung des Ziels oder der Zielgruppe beigetragen haben.

Mißverständnis Nr 1:
ist zurückzuführen auf die Vermischung der Bezeichnung "Ausbildung" einerseits und "Fort- oder Weiterbildung" andererseits. Meiner Ansicht nach gibt es in Europa keine "Aus-"bildung für orientalischen Tanz, denn eine Ausbildung (also von null Vorkenntnissen bis zur fertigen Tänzerin/Tanzlehrerin) müßte nach meinem Dafürhalten mindestens vier Jahre tägliches praktisches Tanztraining von mindestens drei Stunden und zusätzlichen Unterricht in den Fächern Musik- und Rhythmuskunde, Anatomie, Pädagogik, Psychologie, Geschichte und Länderkunde, Folklore und Stilkunde usw. beinhalten. Zuvor müßte eine strenge Auswahl nach Eignung erfolgen - sowohl für die Bühnentanzausbildung als auch für die pädagogische Abteilung (und die kommt bekanntermaßen in der klassischen Tradition erst NACH der Bühnenkarriere!).
DANN könnte man sich als "ausgebildet" bezeichnen. Doch selbst hier ist die Lernende noch keine wirklich fertige erfahrene Tänzerin, denn es dauert acht bis zehn Jahre, bis aus einem "normalen" Menschen mit normalen Bewegungen ein wirklicher Tänzer wird, mit jederzeit abrufbaren tänzerischen Bewegungen.
Dies wird jedoch nicht angeboten und kann auch nicht angeboten werden, weil diese Art von Ausbildung auf dem privaten Sektor kaum jemand bezahlen könnte.
Es KANN also nur Fort- und Weiterbildungen geben, und zwar für jene, die bereits erhebliche Vorkenntnisse durch Kurse und Workshops erworben haben.

Mißverständnis Nr 2:
Tanzen zu können und unterrichten zu können ist zweierlei. Eine gute Bühnentänzerin ist nicht notwendigerweise auch eine gute Lehrerin, und andersherum kann jemand tanzpädagogisch begabt sein, ist aber nicht für die Erfordernisse des Bühnentanzes ausgestattet (wobei es natürlich auch beides geben kann!). In diesem Sinne ist selbstverständlich jemand fähig, "gut zu tanzen", auch ohne pädagogische Weiterbildung. Wiederum gibt es auch in anderen Tanzbereichen tanzpädagogische Studiengänge, unabhängig von jeder Bühnenkarriere. Der Begriff "Tanzpädagogin/ Tanzpädagoge" ist nicht geschützt.

Mißverständnis Nr. 3:
sind die bereits genannten Ängste, bei einer Weiterbildung auf einen einheitlichen "Stil" getrimmt zu werden und keine Möglichkeit mehr zur individuellen, reativen Entfaltung zu haben. Bei einer guten Fortbildung sollte jedoch genau das Gegenteil der Fall sein.
Das Wissen oder die Vorstellungen von stilbildenden Bewegungen sind häufig recht verschwommen. Ein Einblick in die verschiedenen Stilrichtungen des orientalischen Tanzes und seiner Folklore kann am ehesten dazu beitragen, einen eigenen Stil zu entwickeln..
Und wie die Entwicklung einer Tänzerin viele Jahre dauert, so ist auch viel Arbeit und Geduld nötig, bis man wirklich (s)einen "eigenen Stil" gefunden hat.
Der wichtigste Punkt ist jedoch, dass es der Individualität bestimmt nicht schadet, wenn die Bewegungen anatomisch-funktionell richtig, d.h. nicht gesundheitsschädlich, ausgeführt werden und auch ein gewisses Bewegungsrepertoire, also Tanztechnik automatisiert ist.

Es gibt für mich nicht richtige oder falsche Bewegungen, sonder nur einerseits gesundheitsschädliche/unfunktionelle und andererseits ästhetische oder unästhetische. Letzteres kann dann wohl Geschmacksache sein oder "Stil".
Das "im-Hohlkreuz-stehen mit überstreckten Knien" zum Beispiel ist erstens gesundheitsschädlich, und zweitens lassen sich damit viele Bewegungen nicht richtig (funktionell) ausführen. Oder: mit eingedrehten Füßen zu tanzen, ist ebenfalls keine Frage der Ästhetik, denn es beeiträchtigt die Balance. Mit individuellem "Stil" hat beides nichts zu tun.

Diese Dinge sollten (neben anderen) die wichtigsten Lerninhalte einer Fortbildung sein: also bewegungsfunktionelle Gegebenheiten von Stilmitteln unterscheiden lernen!

So kommen wir zur Frage, was wirklich JEDE Lehrerin wissen sollte und was sie vernachlässigen kann - je nach Zielguppe.
Grundkenntnisse über anatomische Zusammenhänge sind ein absolutes Muß für jede Kursleiterin, unabhängig von der Ziel- oder Altersgruppe des Kurses, unabhängig von Stil und tänzerischen Vorlieben.
Eine Kursleiterin sollte in der Lage sein, Grundbewegungen und Grundfiguren nicht nur richtig vorzumachen - sie sollte Fehlhaltungen auch bei ihren Schülerinnen erkennen und korrigieren können! Mit "erkennen und korrigieren können" ist aber nicht gemeint, nur zu sagen, dass die Bewegung nicht korrekt ist: Die Lehrerin sollte vor allem erkennen können, WORAN es liegt und mit verschiedenen methodischen Mitteln (imaginativ, taktil, intellektuell etc) Hilfestellung und Tipps geben können.

Gerade in der heutigen Zeit, in der durch mangelnde oder einseitige Bewegung muskuläre Dysbalance weit verbreitet ist und Gelenk- und Wirbelsäulenprobleme verursacht., ist das verantwortungsbewußte Vorgehen der Kursleiterin besonders gefragt.

Das ständige Stehen mit "lockeren" Knien ist für viele Frauen am Anfang mangels Kraft in der Oberschenkeln sehr anstrengend. Verkürzte hintere Beinmuskeln und ein verkürzter Iliospoas (großer Hüftbeuger), vielfach erzeugt durch das Tragen von High-Heels und das Fehlen entsprechend gegensteuernder Dehnungsübungen, ein schwacher Beckenboden und schwacher Glutaeus maximus (großer Gesäßmuskel) führen dazu, dass mit dem Becken nach hinten ausgewichen wird. Und zwar nicht nur bei orientalischen Grundfiguren wie der liegenden Hüftacht von vorne nach hinten, sondern schon beim ganz einfachen Stehen in der Grundhaltung und Üben der Grundbewegungen.

Es ist wahrscheinlich der am weitesten verbreitete Irrtum zu glauben, dass man schon nach ein paar Kursen selbst Anfängerkurse leiten kann.
Gerade Anfängerkurse erfordern sorgfältiges Vorgehen und fundiertes Wissen.
Hier wird nicht nur der Grundstein gelegt für den weiteren Spaß am Tanzen, sonder leider auch oft für spätere Gesundheitsprobleme.
Hat die Kursleiterin keinen sicheren Blick für Hohlkreuz, falsch belastete Knie, hochgezogenen Schultern und angehaltenen Atem oder einen eingefallenen Brustkorb usw. , dann werden diese Fehlhaltungen nicht korrigiert, sondern automatisiert und sind irgendwann Ursache für Kreuzschmerzen, Knieprobleme, Schmerzen und Verspannungen im Schulter/Brustkorbbereich. Eine spätere Korrektur ist erfahrungsgemäß schwierig und mühsam, nicht selten erfolglos.

Auch beim Aufbau und den Bewegungen, die im Warm-up sinnvoll sind bzw. nicht gemacht werden sollten, sind bestimmt Regeln vorbeugend zu beachten, um Muskelzerrungen und Gelenküberlastungen zu vermeiden.
Trotzdem bleibt auch hier noch jede Menge Spielraum für den "eigenen Stil".

Der gesamte Bereich der anatomisch-funktionellen Bewegungsgestaltung ist also - unabhängig von Zielgruppe und Stil - in allen Fällen Vorbedingung für jegliche Art von Tanzunterricht !

Was gehört außerdem in ein Weiterbildungsangebot für orientalische Tanzlehrerinnen?

Unterrichtsaufbau und Methodik
Jede Lehrerin bringt ihre eigene Persönlichkeit mit. Darum sollte sie möglichst vielfältige und unterschiedliche Unterrichtsmethoden kennenlernen und darüber hinaus Möglichkeiten aufgezeigt bekommen, aus dem Gebotenen genau die Art(en) zusammenzustellen, die ihrer Persönlichkeit und ihrem Temperament gerecht werden. Dies kann durch eigenes theoretisches und praktisches Experimentieren mit verschiedenen "Bausteinen" für Didaktik und Methodik geschehen oder durch das direkt Erleben mehrerer Dozenten mit unterschiedlichem Background und vielleicht noch anderen Kulturkreisen. Verschiedene Dozenten - egal, ob man sie nun als "gut" oder "unbefriedigend" erlebt - sind in jedem Fall insofern eine Bereicherung, als sie zumindest den Horizont der Möglichkeiten erweitern.

Pädagogik und Psychologie
Der Erfahrungsaustausch mit den anderen Fortbildungsteilnehmerinnen über Probleme im Unterricht nimmt einen wichtigen Stellenwert ein. Es gibt Unterrichtssituationen, die so häufig genannt werden, dass sie sozusagen zum Standard gehören:
Schülerinnen, die immer zu spät kommen, die ständig tuscheln, die dauernd neuen Stoff fordern, obwohl sie den alten noch nicht beherrschen; die ewigen Besserwisserinnen, die der Lehrerin beim Unterrichten "assistieren" zu müssen glauben; unterschiedliche Niveaus im Kurs; Auftrittswütige, an deren realistischer Selbsteinschätzung gewisse Zweifel gehegt werden dürfen und und und.

Mit diesen Herausforderungen heißt es umgehen zu lernen, sei es durch Gesprächsrunden oder Rollenspiele: Wirkliche Hilfsmittel für die eigene Praxis zu bekommen, ist für alle Fortbildungsteilnehmerinnen von größtem Interesse. Denn genau mit diesen Situationen sind sie normalerweise auf sich allein gestellt und können sich höchstens mit der besten Freundin austauschen, die sich aber nicht unbedingt in eine Unterrichtssituation einfühlen kann.

In den meisten Berufen gibt es inzwischen Pflicht-Fortbildungen für Personen, die Gruppen oder Abteilungen in einer Firma leiten (möchten). "Führungsqualitäten" sollte man schon mitbringen, wenn man Kurse halten will. Klarheit, Standfestigkeit und Durchsetzungsvermögen sind einige davon; Begeisterung, Motivationsfähigkeit und Einfühlungsvermögen andere.

Doch auch für jene, die diese Voraussetzungen mitbringen, ist es oft eine Erleichterung zu erfahren, dass Konflikt erstens "normal" sind (das Nicht-Existieren von Konflikten wäre anormal!), sie selbst als Kursleiterin nicht allein für die Lösung verantwortlich sind und es außerdem für einige Probleme schlichtweg keine (harmonische) Lösung gibt.

Der Aufbau und die Lebensdauer einer Gruppe sowie die Grundgesetze der Gruppendynamik sind ein wichtiges Know-how, gerade für unerfahrene Lehrerinnen, die sonst vielleicht auftauchende Konflikte nur auf sich beziehen und womöglich Zweifel an ihren Fähigkeiten bekommen.
Traditionell neigen Frauen dazu, den "Harmonie"- Teppich über heimliche Rivalitäten oder Meinungsverschiedenheiten zu breiten: Die "Vermeider" sind bei weitem in der Überzahl gegenüber den "Konfrontierern". Echte Harmonie entsteht aber nur durch Offenheit; alles andere ist falsch verstanden Diplomatie oder schlichtweg Feigheit!
Das Lernziel heißt hier: Wie kann ich Probleme ansprechen, ohne Angst vor Liebesentzug oder Weltuntergang !

Tanzstile und Folklore
Als zielgruppenabhängig könnte man am ehesten die erforderlichen Kenntnisse über die Stilrichtungen der orientalischen Folklore in den einzelnen Ländern bezeichnen.
Wer ausschließlich Schwangerenkurse leitet oder sich auf Seniorinnen oder Selbsterfahrung spezialisiert hat, muß nicht dringend auch Folklorefachfrau sein.
"Normalen" Kursleiterinnen hingegen wäre es unbedingt anzuraten, sich diesbezüglich zu informieren. Schon aus reinem Eigennutz: Es soll nämlich hin und wieder Schülerinnen geben, die wißbegierig und kritisch sind und möglicherweise dann doch mal die Lehrerin wechseln, wenn sie feststellen: "Die hat ja keine Ahnung".

Musik und Rhythmen
Die arabischen Rhythmen zu kennen und zu wissen, wie man die wichtigsten Instrumente tänzerisch interpretieren kann, sollte eigentlich von Anfang an Teil jeglichen Unterrichts sein.
Wir wissen jedoch: Die Frauen, die Bauchtanzkurse besuchen, sind größtenteils Freizeittänzerinnen, die sich in einem geschützten Rahmen zu schöner Musik bewegen wollen, einen Ausgleich zum sitzenden Bürojob suchen, sich fit halten wollen, aber nicht unisono hinter der gestylten Aerobic-Lehrerin hinterherhecheln wollen etc.: sie wollen nicht schon wieder mit Leistungsanforderungen und Pflichtwissen bombardiert werden.
Wer jedoch als Kursleiterin mit seinen Schülerinnen Auftritte plant, und sei es auch nur am Tage der offenen Tür irgendeiner Volkshochschule, sollte selbst schon wenigstens die Grundrhythmen kennen und wissen, welche Musik in welcher Art umzusetzen ist.

Damit die manchmal "trockene Theorie" trotzdem Spaß macht und auch hängen bleibt, ist ein gut aufgebauter Unterricht und eine erfahrene Dozentin in der Fortbildung nötig. Sonst bleiben Musik, Rhythmen, Zimbeln und Instrumentenkunde auch weiterhin die Stiefkinder im Wissensbereich der orientalischen Tanzlehrerinnen in Europa.

Geschichte und Stilkunde
Auch dieses Gebiet ist zielgruppenabhängig.
Jedoch lassen sich mit einem wenigstens groben Überblick über die Geschichte der orientalischen Länder durchaus des öfteren auch Peinlichkeiten vermeiden.
Wer vor Jahren bei türkischen Engagements mit arabischer Musik auftrat, konnte Sätze hören wie: "Macht die Negermusik aus !". Und wenn man die geschichtlichen Zusammenhänge ein bißchen kennt, muß man sich nicht wundern, wenn der tunesische Restaurantbesitzer auf einen Auftritt mit Tarkan´s Küsschenlied - gelinde gesagt - etwas säuerlich reagiert.
Auch "normale" Kursteilnehmerinnen nehmen kürzere Exkurse in Geschichte und Stil dessen, was sie gerade tanzen, gerne und interessiert auf und fangen an, die Lehrerin wegen ihres Wissens noch mehr zu schätzen.

Choreographie
Eine echte Choreographie (also mit Raumwegen, Dynamik, verschiedenen Bewegungsarten, Gruppenunterteilung, Kommunikation etc) mit Anfängern und Mittelstüflern zu erarbeiten, kann durchaus eine größere Leistung darstellen als eine mit Fortgeschrittenen. Denn auch einfache Schülerchoreographien müssen nicht auf 4 recht, 4 links und 8 im Kreis beschränkt bleiben.
Nicht alle Tänzer sind zum Choreographieren geboren und nicht jeder, der bis 8 zählen kann, sollte sich gleich "Choreograph" nennen.
Choreograph ist ein eigener Beruf und es ist keine Schande, sich Choreographien von andern machen zu lassen. Im Gegenteil, im klassischen Bereich ist es sogar absolut unüblich, seine eigenen Choreos zu machen. Mit Stolz verweist man dort auf den oder die Choreographin.
Nun gehört ja der Orientalische Tanz - wie wir wissen - zwar inzwischen zum semi-professionellen Tanzbereich, aber immer noch nicht zum professionellen. So sind selbstgenähte Kostüme und selbst gemachte Choreos häufig der besondere Ehrgeiz mancher Tänzerin, auch wenn sie für beides eigentlich nicht das erforderliche Talent hat.

Dennoch: Es gibt Grundregeln und Handwerkszeug zum Choreographieren, mit denen man auch Anfängerchoreos nett gestalten kann. Die wichtigsten sollte jede Kursleiterin, die mit ihren Schülerinnen an die Öffentlichkeit tritt, beherrschen.

Diplome, Zertifikate, Prüfungen, was soll man davon halten?
Sie sind nicht staatlich anerkannt - und wer prüft die Prüfer?
Dies sind wohl auf den ersten Blick die Hauptargumente, die gegen derlei erworbene Papiere sprechen.
Dass Papiere an sich nicht unbedingt aussagekräftig sind - selbst von staatlich anerkannten Einrichtungen nicht zwangsläufig - dafür lassen sich leicht Beispiele finden. Sogar bei Ärzten sagt die erreichte Top-Note (in Theorie) nicht notwendigerweise etwas über ihre praktischen Fähigkeiten aus. Auch das Prädikat "staatlich anerkannt" ist noch kein Garant für Qualität.
Wir kennen dies nur zu gut aus dem medizinischen Bereich, wo vielfach herkömmliche, aber nicht immer sinnvolle, geschweige denn wirkungsvolle Methoden mit der Krankenkasse abgerechnet werden dürfen. - die wirkungsvolleren, oft schonenderen der alternativen Medizin müssen wir selbst bezahlen.
Nimmt man das Beispiel der Bode-Schule für Gymnastik (München), die um die vorige Jahrhundertwende als private Initiative gegründet wurde - zu einer Zeit, als Gymnastik an sich schon etwas Revolutionäres war" - und die heute eine begehrte staatlich anerkannte Ausbildungseinrichtung ist, so kann man auch sagen, dass alle guten Ideen einmal klein angefangen haben. Und über die Jahre wird sich zeigen, ob sie Bestand haben.

Sicher ist eines:
Weder Diplome noch Zertifikate sagen etwas darüber aus, ob die Besitzerin "eine gute Tänzerin" ist oder nicht! Denn der Bühnentanz stellt außer guter Tanztechnik Anforderungen (Ausstrahlung, Präsenz etc.), die nur sehr bedingt erlernbar sind. Diplome oder Zertifikate oder einfache Teilnahmebestätigungen sagen lediglich aus, dass die Besitzerin des Papieres ernsthaftes Interesse an der Erweiterung ihres Wissensstandes hatte, und , wenn bewertete Prüfungen abgehalten wurden, zumindest theoretisch das notwendige Rüstzeug für einen brauchbaren, nicht gesundheitsschädlichen Unterricht erhalten haben sollte.
Ob sie es wirklich umsetzen kann, ist jedoch nicht garantiert.
Die meisten Teilnehmerinnen, die Fortbildungen besuchen, unterrichten bereits und werden es auch weiterhin tun - mit oder ohne Fortbildung. Ein Ausschluss an der Teilnahme einer Fortbildung kann also nicht die Lösung sein, selbst wenn die Teilnehmerin zu den weniger begabten gehört.

Prüfungen und Lernzielkontrollen sollten nicht nur der Absicherung der Dozenten dienen, damit diese auch sicher sein können, dass der Lehrstoff richtig angekommen ist. Sie sollten auch eine "gerechte Instanz" darstellen und u.a. jene abschrecken, die glauben, dass sie schon allein durch Bezahlung des Kursbeitrages in den Besitz desselben Papieres gelangen wie andere, die tatsächlich lernen und Leistung bringen.

Dozenten für eine Lehrerinnen-Fortbildung sollten natürlich auf eine langjährige Erfahrung in möglichst vielen Bereichen zurückblicken können und ihre Seriosität durch einen transparenten Lebenslauf mit Zeitangaben und den Namen der eigenen Lehrer belegen: Was, Wann, Wo, wie lange, wie oft, bei wem, mit wem usw.
Fehlen diese Angaben, so darf man getrost mißtrauisch sein !
Kritisches Nachfragen bei großartig klingenden Wischi-Waschi-Angaben kann durchaus angebracht sein !!!!

Fazit: Muß eine Lehrerin alles können ?
Hier kommt natürlich ein klares Nein. Um noch einmal auf das Beispiel der Mediziner zurückzukommen: Jeder Arzt erhält seine Grundausbildung und muß bestimmte Dinge wissen und können, um praktizieren zu dürfen. Ob er sich dann weiter spezialisieren möchte, kann er selbst entscheiden.

Zum Glück sind auch der orientalische Tanz und seine angrenzenden Wissensgebiete ein so weites Feld, dass wir garantiert weiterhin von Alleskönnern verschont bleiben werden.

Mein Tipp: Wie wär´s mit einem Workshop bei der Kollegin? Nach dem Motto: Zimbelst Du mir, choreographiere ich Dir.......

 

Artikel copyright 2003 by Havva -
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